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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.10.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 59/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 2
WEG § 28 Abs. 1
WEG § 28 Abs. 5
Die Bezeichnung des Beschlußgegenstands "Wirtschaftsplan" in der Einladung zur Eigentümerversammlung deckt grundsätzlich auch die Beschlußfassung über eine Erhöhung der jährlichen Zuführung zur Instandhaltungsrücklage.
BayObLG Beschluss

LG München II - 12 T 6848/99; AG Wolfratshausen 3 UR II 21/99

2Z BR 59/00

05.10.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 5. Oktober 2000

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 7. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller tragen die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer im Jahr 1978 errichteten Anlage. Den Antragstellern gehört ein Teileigentum mit 331,30/1000 Miteigentumsanteilen. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin. Sie lud mit Schreiben vom 27.4.1999 für den 10.5.1999 zu einer Eigentümerversammlung ein. In der Einladung waren u.a. folgende Tagesordnungspunkte (TOP) genannt:

3. Wirtschaftsplan 1999

Die Verwaltung schlägt die Anpassung des Wirtschaftsplans gemäß Anlage rückwirkend ab 1.1.1999 vor.

...

5. Heizungserneuerung wegen Abgasverlust und neuester Vorschriften für Feuerungsanlagen

6. Dachsanierung

Der der Einladung beigefügte Wirtschaftsplan sah eine Zuführung zur Instandhaltungsrücklage von 10000 DM vor. In der Eigentümerversammlung waren 14 von 20 Wohnungseigentümern mit 801,72/1000 Miteigentumsanteilen anwesend oder vertreten. Zu TOP 3 - Wirtschaftsplan 1999 - lautet die Versammlungsniederschrift:

Auf Anregung des Eigentümers ... wird über die Anhebung der Rücklage diskutiert. ...

Antrag:

Änderung des vorgeschlagenen Wirtschaftsplans betreffend Instandhaltungsrücklage (Verdoppelung von bisher DM 10000,-- auf DM 20.000,--). Dem Antrag wird mehrheitlich bei einer Gegenstimme (der Antragsteller) und einer Enthaltung... entsprochen.

Zu TOP 5 beschlossen die Wohnungseigentümer, einen Heizungsingenieur mit den Vorbereitungen zur Erneuerung der Heizungsanlage zu beauftragen. Zu TOP 6 erörterten sie das Kostenangebot einer Bedachungsfirma für eine Flachdachsanierung in Höhe von 80000 DM.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 3, mit dem die Verdoppelung der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage festgelegt wurde, für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag am 28.10.1999 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist durch Beschluss des Landgerichts vom 7.6.2000 zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluß zu TOP 3 sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Beschlußfassung über die Erhöhung der Instandhaltungsrücklage sei durch die Bezeichnung des Beschlußgegenstands zu TOP 3 mit "Wirtschaftsplan" gedeckt. Die Wohnungseigentümer müßten damit rechnen, dass über alle Positionen des Wirtschaftsplans, folglich auch über die Instandhaltungsrücklage als einen seiner wesentlichen Bestandteile, in der Versammlung diskutiert und abgestimmt werde.

Der Eigentümerbeschluß sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehöre die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage als Vorsorge für größere Reparaturen. Zum 1.1.1999 habe die Instandhaltungsrücklage der Gemeinschaft rund 100000 DM betragen, die Zuführung jährlich jeweils 10000 DM. In der Versammlungsniederschrift vom 10.5.1999 sei zu TOP 5 festgehalten, dass spätestens im Jahr 2004 die Heizungsanlage erneuert werden müsse. Inzwischen sei die Kostenschätzung eines Ingenieurbüros vorgelegt worden, das für eine Erneuerung der Ölheizung rund 166000 DM und für den Einbau einer Gasheizung rund 210000 DM veranschlage. Letztlich könne dahinstehen, ob die Kosten für die Erneuerung der Heizungsanlage bei 100000 DM oder 160000 DM oder noch höher lägen, denn auch bei Kosten von 100000 DM wäre die bereits gebildete Instandhaltungsrücklage verbraucht. Außerdem müsse, wenn auch nicht in den allernächsten Jahren, das Flachdach saniert werden. Angesichts des Alters der Anlage sei dies durchaus nachvollziehbar. Die Mehrkosten der Heizung und die später in Betracht kommende Dachsanierung müßten durch Sonderumlagen finanziert werden, weil die jährliche Instandhaltungsrücklage von 10000 DM nicht ausreiche. In Anbetracht dessen sei die Erhöhung der jährlichen Rücklage auf 20000 DM nicht zu beanstanden.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zu Recht haben die Vorinstanzen angenommen, dass der Eigentümerbeschluß zu TOP 3 nicht schon wegen unzureichender Bezeichnung des Beschlußgegenstands in der Einladung zur Eigentümerversammlung für ungültig zu erklären ist. Gemäß § 23 Abs. 2 WEG ist zur Gültigkeit eines Eigentümerbeschlusses erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Dazu genügt es, dass die Wohnungseigentümer vor Überraschungen geschützt sind und ihnen eine Vorbereitung auf die Versammlung ermöglicht wird. Übertriebene Anforderungen dürfen an die Bezeichnung des Beschlußgegenstands nicht gestellt werden. Ausreichend ist in der Regel eine schlagwortartige Bezeichnung (BayObLGZ 1992, 79/84 f.; BayObLG WE 1999, 199 und st. Rspr.). Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beschlußfassung über eine Erhöhung der Instandhaltungsrücklage durch die Angabe des Tagesordnungspunkts "Wirtschaftsplan" in der Einladung zur Eigentümerversammlung gedeckt war. Der vom Verwalter gemäß § 28 Abs. 1 WEG aufgestellte Wirtschaftsplan, der gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 WEG auch die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung zu beziffern hat, stellt lediglich einen unverbindlichen Vorschlag für die Beschlußfassung in der Eigentümerversammlung (§ 28 Abs. 5 WEG) dar. Deshalb muß jeder Wohnungseigentümer damit rechnen, dass die im vorgelegten Wirtschaftsplan veranschlagten Beträge in der Versammlung geändert werden können (vgl. Staudinger/Bub WEG § 28 Rn. 80, Augustin WEG § 28 Rn. 2). Ob dies im Regelfall auch für eine Verdoppelung des bisher üblichen Jahresbeitrags zur Instandhaltungsrücklage gilt, kann offen bleiben, denn angesichts der Sanierungsarbeiten an der Heizungsanlage und am Dach, die unter TOP Sund TOP 6 in der Eigentümerversammlung behandelt werden sollten, war auch mit einer Beschlußfassung über die Finanzierung derartiger Maßnahmen zu rechnen (vgl. BayObLG WE 1996, 234/236). Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, dass der Beschluss über die Erhöhung der Instandhaltungsrücklage auch für die folgenden Wirtschaftsjahre gelten sollte, denn ein solcher Beschluss kann jederzeit in einer späteren Versammlung wieder aufgehoben werden (Staudinger/Bub § 28 Rn. 118).

b) Zu Recht hat das Landgericht keinen Grund gesehen, den angefochtenen Eigentümerbeschluß inhaltlich zu beanstanden.

(1) Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde durfte das Landgericht den nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz der Antragsgegner vom 17.5.2000 für die Entscheidung verwerten. Anders als im Zivilprozeß ist die mündliche Verhandlung im Wohnungseigentumsverfahren nicht die alleinige Grundlage der Entscheidung; schriftsätzliches Vorbringen der Beteiligten, das vor der Hinausgabe der Entscheidung bei Gericht eingeht ist vielmehr in jedem Fall zu berücksichtigen (BayObLG NJW-RR 1999, 1685/1686; BayObLGZ 1988, 436/439).

Das Landgericht hat allerdings den Anspruch der Antragsteller auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, als es die als Anlage zum Schriftsatz vom 17.5.2000 vorgelegte, aber nicht gleichzeitig mit den Abschriften an die Antragsteller hinausgegebene Kostenschätzung verwertete, denn die Antragsteller hatten keine Gelegenheit, vor Erlaß des Beschlusses vom 7.6.2000 davon Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Auf diesem Verfahrensmangel beruht die angefochtene Entscheidung jedoch nicht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Das Landgericht hat es nämlich als unerheblich angesehen, ob bei der Heizungsanlage mit Kosten in Höhe von 100000 DM zu rechnen ist, wie die Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, oder mit den in der Kostenschätzung genannten höheren Beträgen.

(2) Bei der Bemessung der Instandhaltungsrücklage und des jährlichen Beitrags dazu haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum; nur wesentlich überhöhte Ansätze können gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen (BayObLG WE 1999, 35/36 m.w.N.; Staudinger/Bub § 21 Rn. 206). In Anbetracht des Alters der Wohnanlage und des absehbaren Sanierungsbedarfs hat das Landgericht einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung zu Recht verneint.

3. Dem Senat erscheint es angemessen, den in allen Rechtszügen unterlegenen Antragstellern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 10000 DM festgesetzt (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

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